In diesem Forschungsprojekt wurden die Rückwirkungen von neuen, netzstabilisierenden Generatorregelungen auf die Strukturdynamik und die Lasten im Triebstrang und in der Tragstruktur einer Windkraftanlage untersucht. Der Fokus lag dabei auf der Bereitstellung von Netzträgheit (auch: Systemträgheit, Momentanreserve) aus den Rotoren der Anlagen. Die Gesamtheit der betrachteten Fallbeispiele zeigt, dass moderate, netzseitige Anforderungsszenarien als unkritisch aus Sicht der mechanischen Komponenten der Anlagen zu bewerten sind. Zur Beherrschung einzelner, spezieller Netzfehler kann es jedoch erforderlich sein, entweder wegen einer erweiterten Überlastfähigkeit signifikante Adaptionen des mechanischen Anlagendesigns vorzunehmen, oder zusätzliche Komponenten wie elektrische Kurzzeitspeicher, z.B. Superkondensatoren, einzuführen.
Insbesondere das schlagartige Auftreten von großen Leistungsdefiziten oder -überschüssen, beispielsweise beim Ausfall eines großen Kraftwerks oder der spontanen Inselnetzbildung durch einen sogenannten „System Split“, kann unter Umständen zu Belastungen führen, die über das konventionelle mechanische Anlagendesign hinausgehen. Ob und in welchem Ausmaß eine Überdimensionierung nötig ist, hängt entscheidend von den konkreten zu beherrschenden Fehlerszenarien ab, die der Netzbetreiber definiert.
Andere Anregungsmuster aus dem Netz, wie z.B. Netzpendelungen oder die Umschaltung von Stufentrafos, führen nur zu marginale Erhöhungen von Extrem- oder Ermüdungslasten an mechanischen Bauteilen. Auch die Analyse von veränderten bzw. neu entstehenden gekoppelten Schwingungsmoden mit den im Rahmen des Projekts entwickelten Methoden zeigte, dass über die Regelungssysteme zwar eine dynamische Interaktion zwischen elektrischen und mechanischen Systemteilen stattfindet. Allerdings ist die dadurch generierte Gesamtsystemdynamik unkritisch, insbesondere treten keine Instabilitätsphänomene auf. Einzig eine gegebenenfalls vorhandene aktive Triebstrangdämpfung kann einen koordinierten Regelungsentwurf der Dämpfungs- und Netzträgheitsfunktionen erforderlich machen.
Insgesamt stützen die Projektergebnisse die Hypothese, dass Windenergieanlagen mit Hilfe der in ihren Rotoren gespeicherten Energie dazu fähig sind, Netzträgheit bereitzustellen. Damit können sie bei dem durch die Energiewende bedingten Umbau der Energieversorgung einen wichtigen Beitrag zur Erhaltung Stabilität des elektrischen Netzes leisten. Einen wichtigen Aspekt in der dazu in Fachkreisen laufenden Debatte verstärkt das Projekt: Es kommt sehr auf die netzseitige Anforderungsspezifikation an, ob die Windenergieanlagen diesen Beitrag nur mit Änderungen bei den leistungselektronischen Komponenten und deren Regelungen erbringen können, oder ob hierfür signifikantere Änderungen des Anlagendesigns erforderlich sind. Wird die aus Systemsicht notwendige Gesamtträgheit gemäß der im Normalbetrieb verfügbaren Reserven auf eine Vielzahl von Einzelanlagen aufgeteilt, lassen sich die mechanischen Lasten wirkungsvoll begrenzen.
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